Erfolgreiches Miteinander: «Wir sind stolz auf das Erreichte»

Mit viel Herzblut und Geduld arbeiteten der Freiwillige Thomas Fallgatter und sein Klient, Herr Hussaini, an seiner erfolgreichen Integration in die Gesellschaft und den Schweizer Arbeitsmarkt.

27. Oktober 2022

Thomas Fallgatter und Herr Hussaini

Herr Fallgatter, warum engagieren Sie sich als Freiwilliger beim SRK Kanton Bern?

Ich liebe es, in fremde Kulturen einzutauchen und anderen Menschen zu begegnen. Auf Reisen in ärmere Länder dieser Welt wird mir bewusst, wie gut es uns in der Schweiz geht. Ich realisiere, dass wir in unserer Heimat im Wohlstand leben und uns mit Sorgen herumschlagen, von denen viele eigentlich unbedeutend sind.

Menschen, die aus welchen Gründen auch immer auf abenteuerlichen Wegen zu uns in die Schweiz gekommen sind, haben echte Sorgen. Sie finden sich in einer fremden Kultur wieder und müssen sich in einem komplizierten Alltag zurechtfinden. Vor diesem Hintergrund habe ich mir vorgenommen, in meiner eigenen Heimat jemanden, der meine Hilfe konkret gebrauchen kann, bei der Integration zu unterstützen – vorurteilsfrei, von Mensch zu Mensch.

Wie sind Sie zu diesem Engagement im Bereich Migration gekommen?

Ich wollte mich als Freiwilliger in Bereichen engagieren, in denen ich meine Zeit sowie meine Erfahrungen und Fähigkeiten sinnvoll einbringen kann: Sprachfertigkeiten vermitteln, Korrespondenz bearbeiten, Behördengänge erledigen, den Alltag organisieren. Ich beschäftige mich beruflich unter anderem mit Themen der Entwicklungszusammenarbeit und interessiere mich für Migrations- und Asylfragen.

Ich habe über das Programm «Eins zu Eins» des SRK gelesen und an einer Informationsveranstaltung der Abteilung Migration des SRK Kanton Bern teilgenommen.

Thomas Fallgatter, FW

«Ich habe einen Menschen kennengelernt, der mir vertraut und dem ich vertraue. Wenn wir gemeinsam einen Fortschritt erzielen, spüre ich eine grosse Dankbarkeit.»

Thomas Fallgatter
Freiwilliger, Bereich Migration

Was haben Sie in der «Eins zu Eins»-Begleitung mit Herrn Hussaini, den Sie seit Ende 2020 unterstützen, gemeinsam erreicht?

Mit meinem Klienten haben wir Punkte formuliert, die wir in den darauffolgenden Wochen und Monaten anpacken wollten: Deutsch lernen, Behördenschreiben beantworten, eine Lehrstelle suchen.

Es wurde mir rasch klar, dass geflüchtete Personen vieles nicht allein schaffen können. Die an sie gerichteten Schreiben sind kompliziert, die Prozesse bürokratisch und die Regeln streng. Mangelnde Sprachkenntnisse und eine fehlende Schulbildung erwiesen sich auch als Hindernisse. Rasch wurde ich mit den Problemen im Alltag eines geflüchteten Menschen konfrontiert. Zuerst musste ich mich informieren, musste die richtigen Ansprechpersonen ausfindig machen, Abläufe durchschauen und einhalten. Ich habe dabei viel über das Asyl- und Sozialwesen in der Schweiz gelernt.

Aber mein Klient und ich haben uns mit viel Geduld, Hartnäckigkeit und Fleiss durchgekämpft. Die Lehrstellensuche führte zu einer Vorlehre, einige Monate später konnte Herr Hussaini aus einer Wohngemeinschaft in seine eigene Wohnung ziehen und nach einem knappen Jahr wurde ihm sogar die Aufenthaltsbewilligung B erteilt. Wir sind beide sehr stolz auf das Erreichte.

 

Was liegt Ihnen bei Ihrem Engagement im Bereich Migration besonders am Herzen?

«Ich bin doch auch ein Mensch» hat Herr Hussaini wiederholt zu mir gesagt, wenn die Hürden unüberwindbar und die Auflagen unmenschlich schienen. Das ist doch der springende Punkt: Der Mensch sollte im Mittelpunkt stehen, nicht der Ausländer, die Migrantin, der Fall XY. Klar, geflüchtete Menschen müssen – wie wir alle auch – Vorschriften, Abläufe und Regeln einhalten. Sie müssen bereit sein, sich zu integrieren und zu kooperieren. Man muss ihnen aber auch eine Chance geben.

Ich habe einen Menschen kennengelernt, der mir vertraut und dem ich vertraue. Wenn wir gemeinsam einen Fortschritt erzielen, spüre ich eine grosse Dankbarkeit. Das macht mich glücklich und ist der Lohn für mein Engagement.

 

Herr Hussaini, was hat Ihnen die «Eins zu Eins»-Begleitung ermöglicht?

Als mir das SRK Kanton Bern eine «Eins zu Eins»-Begleitung anbot, wusste ich zuerst nicht recht, was mich erwartet. Ich lebte bereits seit über fünf Jahren als vorläufig aufgenommener Ausländer von meiner Familie getrennt in der Schweiz. Ich hatte den Eindruck, noch nicht viel erreicht zu haben, abgesehen von Deutschkursen und Gelegenheitsjobs. Ich wurde zwar vom SRK unterstützt, war aber in vielen Bereichen überfordert, sowohl sprachlich als auch in der Sache.

Mit einer Begleitperson hatte ich neu jemanden an meiner Seite, der mir die Dinge erklärte, mir meine Möglichkeiten aufzeigte, mich motivierte und vieles mit mir zusammen in die Hand nahm. In meinem Leben hat sich innert weniger Monate so viel verändert: Wohnung, Arbeit, Aufenthaltsstatus. Ich bin selbstsicherer geworden und fühle mich heute viel willkommener in der Schweiz. Ich bin sehr dankbar und wünschte, ich hätte meine Begleitperson viel früher kennengelernt!

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